Es gibt so Leute, die kritzeln beim Telefonieren vor sich hin. Die malen mit dem Kuli ganz in Gedanken auf den Rand von Zeitungsseiten, oder im Restaurant auf Papierservietten oder Papp-Bierdeckel. Und oft kommen ganz tolle Zeichnungen dabei heraus – die dann leider im Papierkorb landen.
Gehören Sie auch dazu? Dann legen Sie sich ein Skizzenbuch zu, ein kleines, handliches, das Sie jederzeit zur Hand nehmen können. In dem sind Ihre Zeichnungen garantiert besser aufgehoben als im Müll.

Das gilt übrigens auch und gerade für Kinderzeichnungen. Dieses Blatt zeigt einen Radiergummi und ein Glas Apfelschorle, gezeichnet von einem vierjährigen Jungen, dessen Eltern so schlau waren, ihm ein Buch mit weißen Seiten zu schenken – und es zu verwahren…

PAUL

Skizzenbücher sind auch nützlich auf Reisen, im Flieger, während langer Zugfahrten und überhaupt überall unterwegs. Denn wo immer Sie auch sind, ist bestimmt auch etwas Sehenswertes. Verlassen Sie sich drauf, unter Umständen ist diese Zeichnung besser als das schnelle Smartphone-Foto. Und ganz nebenbei ist eine Zeichnung des schiefen Turm von Pisa allemal originaler und origineller als ein millionenfach geknipster.
Mal angenommen, Sie sind Handwerker, zum Beispiel Möbeltischler. Dann sollten Sie sich vielleicht ebenfalls ein Skizzenbuch anschaffen, so wie Henry Lapp (1862 – 1904), ein Mann der Amish, der seine Ideen für neue Möbel oder Werkzeuge in einem Notizbuch festhielt und sie dann seinen Kunden zeigte. Dieses Buch gehört heute übrigens zur Sammlung des Philadelphia Museum of Art.

Lapp

Was also heißt, unter Umständen schaffen Sie es auch ins Museum, und sei es mit „großer“ Kunst in Öl und Acryl, deren erste Entwürfe und Anregungen dazu Sie vorher – natürlich im Skizzenbuch – festgehalten haben. So wie, beispielsweise George Grosz im Jahr 1917.

Grosz

Oder der Surrealist Mac Zimmermann im Jahr 1948.

Zimmermann

Da wird dann wird auch das kleinste Büchlein Kunst. Hier eine Abbildung aus einem privaten Skizzenbuch aus billigstem braunen Papier, das dann mal gerade 7cm x 10cm misst.

Klein

Überhaupt, auch komische, sogar alberne Ideen verdienen es, festgehalten zu werden. Der Dichter, Maler und Zeichner Robert Gernhardt nutzte dafür (von 1979 bis zu seinem Tod im Jahr 2006) insgesamt675 DIN A 5 Brunnen-Hefte. Sein Gesamtwerk ist also in großen Teilen unbekannt, nur zwei dieser Hefte wurden 2007 im Zusammenhang mit einer Ausstellung in den Marbacher Heften veröffentlicht. Hieraus stammt auch unsere Abbildung.

Gernhardt

Übrigens bleiben die meisten Skizzenbücher bewusst unveröffentlicht. Schließlich gehen Ihre Ideen und Entwürfe erst einmal niemanden etwas an als Sie selbst. Und Sie entscheiden, was Sie damit machen. Eins aber bleibt: So ein Regal voller Ideen, Entwürfe, Kritzeleien und auch Unordentlichkeiten ist noch nach vielen Jahren nützlich, um zurückzuschauen und mit neuem Blick auch Neues zu entdecken.

Bikablo

Zum Schluss unseres umfassenden Appells noch ein Hinweis in eigener Sache: Wenn Sie nämlich Graphic Recording oder Graphic Facilitating betreiben wollen, empfehlen wir ihnen zum Trainieren ebenfalls ein Skizzenbuch, das es – soviel sei unauffällig angemerkt – exklusiv bei uns gibt…

Redaktion: Neuland
Illustrationen:
1. Paul Thiessen (privat)
2. Henry Lapp (Philadelphia Museum of Modern Art)*
3. George Grosz (Skizzenbuch 1917, George Grosz-Archiv Berlin, Affholderbach & Strohmann 1987)
4. Mac Zimmermann (Ein Skizzenbuch 1947-49, R.Piper Verlag 1955)
5. Thies Thiessen (privat)
6. Robert Gernhardt (Brunnen-Hefte/Marbacher Magazin 120, Deutsche Schillergesellschaft 2007)
7. Thies Thiessen (BiKaBlo)