Heute haben wir ein paar ganz besondere Gäste: das Team von bikablo® macht Schule ist zu Besuch bei Neuland. Und wenn wir schon einmal solche Gäste haben, lassen wir es uns natürlich auch nicht nehmen, sie ein bisschen auszuquetschen, gerade bei so einem interessanten Thema. Wir wünschen euch viel Spaß beim Interview mit Sandra, Silvia, Christian, Frank und Karl zu ihrem Projekt bikablo macht Schule! 🙂

Erzählt mal. Um was geht es bei eurem Projekt?

Frank: Wir haben uns als Pädagoginnen und Pädagogen die Aufgabe gesetzt, Visualisierung als Lehr- und Lern-Methode in Schulen zu fördern. Bildung und Lernen macht so richtig Spaß, ist dann individueller, kommunikativer, emotionaler und nachhaltiger. Das Lernen sichtbar machen, schafft Klarheit und Orientierung, Komplexität wird begreifbarer, lässt sich kommunizieren und vertiefen. Der reformpädagogische Anspruch Lernprozesse ganzheitlich (mit Kopf, Herz, Hand) und individuell gestalten zu können, wird wohl endlich möglich (und ist im digitalen Wandel unbedingt notwendig).

Silvia: Unser Training bietet ein Tool, um die große Menge an Informationen, die z. B. in Texten und YouTube-Videos jeden Tag auf uns – Erwachsene und Teenager – einströmen, filtern, ordnen, priorisieren und hierarchisieren zu können.

Und wie seid ihr darauf gekommen?

Frank: Als Kunstlehrer bin ich schon immer ein überzeugt visueller Lerner gewesen. Bilder und Bildung stehen sich nah. Karina hat mir dieses bildhafte Denken in Kunstunterricht und Schule als meine ehemalige und beste Ausbildungslehrerin vorgelebt. In meiner Funktion des Medienberaters habe ich mir überlegt, das Abstrakt-Digitale unbedingt herzlich analog erklären zu wollen. Diese Entscheidung führte natürlich zu den Profis des visuellen Denkens: zurück zu Karina.

Sandra und Silvia: Und so kamen Karl und wir beiden ins Spiel. Auch wir hatten nach der Teilnahme an einem Visualisierungstraining damit begonnen, das Visuelle Denken in unsere Arbeit in Schule und Fachseminar zu integrieren.

Das klingt richtig spannend. Was würdet ihr sagen, ist eure Vision dahinter?

Sandra: Ich meine, die Aussage “So ein rohstoffarmes Land wie Deutschland braucht Querdenker” (aus: “Visual Summary im Unterricht”) trifft unsere Vision sehr gut. Informationen zu kombinieren, zu versinnbildlichen, Transfer mit Hilfe von Bildern leichter leisten zu können statt einfach Fakten aufzulisten und “in Tabellen/Schubladen zu denken”, hilft Kindern und Erwachsenen, Komplexität zu begreifen.

Frank: Ich teile J. A. Comenius’ Überzeugung und Hoffnung durch pädagogisches Wirken die Welt verbessern zu können. Er erfand in Zeiten des 30-jährigen Krieges das erste Schulbuch für die Hand des Kindes, den Orbis Pictus. Dieser beinhaltet die ganze Ordnung und das Funktionieren von Welt in Bildern. Überzeugt von der machtvollen Bedeutung und der Wirksamkeit der Visualisierungstechnik, wollen wir mit dem Projekt bikablo macht Schule einen sehr wichtigen und nötigen Beitrag im Bildungs- und Schulwesen setzen. Comenius’ Idee des Orbis Pictus mitsamt eines objektiven Bildungsanspruches wird so nun allerdings zur systemischen Methode erweitert, um subjektive Lern- und Verstehensprozesse sichtbar und kommunizierbar machen zu können: Die SchülerInnen zeichnen ihr Weltverstehen selbst, um es kommunizieren zu können.

Karl: “Am Anfang war das Wort …” – so fängt das Johannes Evangelium an. – Aber stimmt es denn? Viel mehr spricht doch dafür, dass die Wahrnehmung der Dinge und die Bilder vor dem Wort da waren. Die Dominanz des Wortsprachlichen in unserer Kultur und in der Schule lässt uns den anschaulichen Gehalt vergessen. Als Philosophielehrer sehe ich regelmäßig große Fragezeichen über den Köpfen meiner SchülerInnen leuchten, wenn sie einen philosophischen Text gelesen haben. Visualisierung kann hier helfen. Wir müssen, mit Kant, den Begriffen und abstrakten Konzepten wieder ihre Anschauung zurückgeben. Worte erzeugen Vorstellungen, Vorstellungen werden mit Hilfe von Begriffen systematisiert. Beides gehört dazu und macht Verständnisse und Missverständnisse sichtbar – konkret würde ich mir wünschen, dass Visualisierung bereits in den unteren Jahrgangsstufen fest ins Methodenrepertoire aufgenommen wird, damit alle Fächer davon profitieren.

Ihr habt ja bereits die Verbindung von Visualisierung zum Lern-Alltag hergestellt. Was ist euer Hauptargument, wie LehrerInnen und SchülerInnen davon profitieren können?

Frank: LehrerInnen und SchülerInnen profitieren davon, indem Lernprozesse für alle Beteiligten sichtbar, mitteilbar, fühlbar, begreifbar werden. Sketchnotes, Organizer, Mappings, Schaubilder, etc. lassen Lernern eine neue Haltung der Akzeptanz, des Auslegens und des Verstanden-Werdens hin zu einem sinnvollen und relevanten Selbstgestalten des Miteinander-Lernens gewinnen.

Karl: Eine gute Visualisierung kann ein vertieftes Verständnis oder Verständnisproblem oft besser sichtbar machen als ein Text. Und sie schafft eine anschauliche Referenz, über die wir uns austauschen können. Dies ist ein große Chance, gerade für die Interpretation komplizierter Texte und Sachverhalte.

Das klingt auf jeden Fall hilfreich. Und wie reagieren LehrerInnen und SchülerInnen dann in der Praxis darauf?

Sandra: Silvia und ich haben bereits ganz unterschiedliche Trainingsdesigns für SchülerInnen entwickelt und durchgeführt. Diese schulen z. B. das Leseverstehen. Die Reaktion der SchülerInnen ist sehr positiv: Texten Informationen zu entnehmen und diese zu versinnbildlichen, darüber in den Dialog zu kommen und ein großes Ganzes – heißt eine komplexe Visualisierung oder auch Visual Summary zu erstellen – bietet den jungen Menschen die Chance, Texte auch in der Tiefe zu verstehen. Darüber lassen sich so Textinhalte merk-würdig verankern.

Das klingt alles so einfach, wenn ihr das erklärt. Aber wie geht man so etwas eigentlich an?

Silvia: Zunächst lernen unsere TeilnehmerInnen im analogen Training Elemente und Techniken der Visualisierung kennen. Die sogenannten target tasks lassen sich immer auch in Lernsituationen im eigenen Unterricht anwenden. Eine komplexe Kompetenzaufgabe zielt dann darauf ab, das Gelernte im Dialog selbsttätig anzuwenden.

Frank: Das Denken mit dem Stift ist so einfach und eingängig, dass es direkt aktiv-mitzeichnend nachvollzogen wird. Daher gibt es hierzu z. B. einen selbsterklärenden Stationenparcours, den man gemeinsam zeichnend und miteinander kommunizierend durchläuft. Aufbauend werden diese „visuellen Vokabeln“ zu Bildzusammenhängen zusammengebracht, wobei so die Komplexität zunächst gemeinsam kommuniziert, verstanden und vereinfacht dargestellt wird.

Präsentiert werden die komplexen Zusammenhänge dann als digitale Produkte (Foto-Poster, Erklärvideos), welche das Betrachten steuern lassen (z. B. durch fokussiertes Abfilmen und akustisches Erklären). Diese digitalen Formate sind Ergebnisse der lehrreichen, bildgestützten Auseinandersetzung und wiederhol- und teilbar. Mit Bildern, durch Bilder, über Bilder sprechen macht Kommunikation und Lernen sichtbar, nachhaltig und zu einem immer wieder bild- und lebhaften Erlebnis.

Wow, vielen Dank für den Einblick in eure Strategie. Nun spielt es sicher auch eine Rolle, welche Materialien man zur Verfügung hat. Warum ist gutes Material bei eurem Projekt besonders wichtig?

Frank: Als Kunstlehrer weiß ich, dass gutes Material den Gestaltungsprozess erheblich erleichtert, eher gelingen und sogar zu einem ästhetisch-sinnlichen Erlebnis werden lässt. Habt ihr schon einmal versucht, ein Bild mit schlechten Haar-Pinseln und qualitativ minderwertiger Pigmentfarbe auf einem zu glatten Papier zu malen? … Bei der Visualisierung ist es genauso: Hier unterstützen gut-pigmentierte Farbstifte, die gut in der Hand liegen und über qualitative Stiftspitzen einen sauberen Strich gestalten lassen. Diesen Wow-Effekt erzeugen die Neuland Marker. Diese bestechen darüber hinaus durch ihre Nachhaltigkeit, da jeder Marker nachfüllbar ist.

Da kommen doch gleich Erinnerungen an die eigene Schulzeit auf. Dabei muss man auch an einen typischen Satz denken, den ihr bestimmt alle schon des Öfteren gehört habt: „Ich kann nicht malen“. Wie überzeugt ihr die etwas zurückhaltenderen SchülerInnen vom Gegenteil?

Christian: Meine typische Antwort: “Da bringst du ja die idealen Voraussetzung mit! Schließlich geht es uns nicht um Kunst, sondern um Denk- und Kommunikationsprozesse. Visualisierung ist eine Kulturtechnik, die einfachen Regeln folgt und von Jedermann genauso erlernbar ist wie Lesen und Schreiben. Wenn du erst einige Regeln kennst, wirst du vom eigenen Ergebnis überrascht sein – und klar, natürlich hilft üben.”

Als praktischen Beweis lernen die TeilnehmerInnen dann in 15 Sekunden die UZMO-Glühbirne zu zeichnen, mehr Überzeugung braucht es im Regelfall nicht. Von diesem Zeitpunkt an lassen sie den Stift freiwillig oft nicht mehr so schnell los.

Sandra: In unseren Trainings lernen Menschen nicht zu malen, sondern üben sich im Zeichnen. Jeder junge Erwachsene war selbst mal Kind und hat mit seinen eigenen Händen gezeichnet: Linien, Punkte, Kreise. Das re-aktivieren, üben und vertiefen wir.

Die Antwort hat was. Also wer da nicht motiviert an die Sache ran geht …
Könnt ihr denn auch schon ein erstes Fazit ziehen?

Frank: Gemeinsames Lernen und Lehren hat mir als Kunstpädagoge immer schon Spaß bereitet – das Visualisieren mit der bikablo-Technik von Karina und Martin beflügelt und befördert diesen Spaß des Miteinanderlernens noch mehr! Voller Überzeugung setzt sich daher unser bikablo-macht-Schule-Team dafür ein, diese Methode und Lerntechnik in der Schulwelt zu etablieren und zu kultivieren. Dies fällt uns bei dem TeilnehmerInnen-Feedback, sowie der unglaublichen Unterstützung von bikablo und dem Support von Neuland wirklich sehr leicht!

Karl: Nach den Fortbildungen ist die Resonanz bei SchülerInnen und bei KollegInnen in der Regel sehr gut. Viele positive Rückmeldungen machen Mut. Ich hoffe, dass die Akzeptanz in der Schulwelt weiter steigt und das Potential von Visualsierungstechniken erkannt wird.

Das hoffen wir auch! Gibt es zum Ende denn noch ein besonderes Erlebnis bei einem Projekt, das ihr mit uns teilen möchtet?

Sandra: Ja. Viele. Ein ganz besonderes als Silvia und ich unser erstes Training für SchülerInnen gaben. Ein Schüler sagte beim Betrachten seiner Visualisierung zu sich: ”Gänsehaut.”

Frank: Das mit den SchülerInnen geteilte Glück, dass diese Großmethode wirklich Lernen in Schule erleichtert und kommunizierbar macht, ist wirklich besonders und bringt tatsächlich zwischenmenschliche Freude und Fehlerfreundlichkeit in die oft noch angst- und stressbesetzte Schulwelt. Die vielen guten Gespräche, die geteilte Motivation und Vision, alles das schweißt uns Lernende zusammen und ergibt wirklich Sinn. Glück, Freude, Vision und Sinn teilen wir gerne mit euch!

Silvia: Ein besonderes Erlebnis wird auch unser großes Projekt im Allgäu an einer Förderschule zusammen mit Christian werden.

Da habt ihr ja noch einiges vor euch. Wir bedanken uns auf jeden Fall ganz herzlich, dass ihr da wart und wünschen euch auch in Zukunft noch viel Erfolg bei der Umsetzung dieses tollen Projektes.

Wenn auch ihr dieses Projekt interessant findet und mehr darüber erfahren möchtet, dann kommt ihr hier zur Seite von bikablo macht Schule. 🙂